Schloß Itter (September 1885)

 


 

 »In Schloß Itter hatte Sofie Menter ihre Einkünfte aus den Konzertreisen begraben. Es war eine halb zerfallene mittelalterliche Ruine mit meterdicken Mauern, Gewölben, Wendeltreppen und tiefen Gefangenenverliesen. Nur ein einziger Flügel war wiederaufgebaut. Er war – in bangscher Übertreibung ›hoch wie ein Turm mit Hunderten Zimmern und Hunderten Gängen‹. Allein die Ausschmückung hatte ein Vermögen gekostet. Bang bewunderte besonders eine ›persische‹ Stube mit Silbergefäßen und türkischen Prachtkleidern, Seidenteppichen und Türvorhängen aus Atlas in gedämpfter Beleuchtung. Hier hielt man Siesta. Die Diva schlief in chinesischem Interieur und bewegte sich tagsüber zwischen ihren vielen Gästen und Katzen ›unbeschreiblich mädchenhaft in ihren weißen, mit Spitzenbesatz versehenen Kleidern‹, übermütig und voller Wehmut, altklug und backfischhaft. … Man machte Ausflüge zusammen – die Diva auf einem Esel reitend, wie in ›Zehn Jahre‹ erzählt. Oder man vertrieb sich die Zeit damit, unter Bangs Regie Komödie zu spielen.« (Jacobsen, II. S. 106).

 

Bild: DF, Juni 2013.

 

 

 

 

Im Jahre 1884 kaufte die europaweit bekannte Pianistin Sophie Menter (1846–1918), Schülerin und Freundin Franz Liszts, die alte Burg der Regensburger Bischöfe, Schloß Itter, ca. 60 km östlich von Innsbruck, über dem Inntal. Menter wohnte dort von 1884–1902. Im Sommer lud sie Heerscharen armer Künstler aus St. Petersburg ein, wo sie von 1883–1887 am Konservatorium unterrichtete. Herman Bang hatte sie 1882 in Kopenhagen kennengelernt. Er setzte ihr in »Charlot Dupont« (Frau Simonin) und in »Ein schöner Tag« ein literarisches Denkmal. Im September 1885 war Herman Bang einer ihrer Sommergäste (siehe »Wechselnde Themen/Zehn Jahre«, Ferien, S. 401–409). Auch Tschaikowsky und Franz Liszt waren mehrere Male auf Schloß Itter. Jedoch lernte Bang Liszt – entgegen dem Artikel Bangs in »Politiken« vom 7.8.1886 – nicht kennen.

 

Bild: DF, Juni 2013.