Bangsbo (Jütland) (18911911 häufige Aufenthalte)

 



Bangsbo – Hauptgebäude

 

Bangsbo ist ein altes Landgut, das heute in wunderschöner Lage am südlichen Stadtrand von Frederikshavn liegt. Zur Zeit Bangs lag das Gut weit vor den Toren Frederikshavns. Im Jahre 1891 besuchte Herman Bang auf Bitten seines Freundes Johan Knudsen das Gut, um es aus Anlaß des beabsichtigten Kaufs in Augenschein zu nehmen. Bang schildert dies in seinem Essay über Bangsbo (siehe demnächst unter »Spurensuche«). Der Eindruck war verheerend: Türen und Fenster waren zugenagelt, die Zufahrt in einem unbeschreiblichen Zustand, Haupt- und Nebengebäude verfallen. Trotzdem kaufte Johan Knudsen das Landgut und richtete es mit Hilfe bekannter Architekten und Künstler wieder her.

(Bild DF, September 2012)

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Empire-Tür des alten Billardsaals

 

Johan Knudsen war von 1890–1891 in Kopenhagen der Herausgeber (zusammen mit Ove Rode) der Tageszeitung »Kjøbenhavn«, eines ausgeprägt kulturradikalen Blattes, das Autoren wie Herman Bang, Carl Ewald, Gustav Wied und Künstler wie Bindesbøll zu seinen Mitarbeitern zählte. Knudsen galt in Kopenhagen als lebenslustiger, künstlerisch sehr interessierter Mensch, was seinem Onkel und Stiefvater überhaupt nicht gefiel. Dieser brachte Knudsen dazu, 1891 Bangsbo zu kaufen und sich solideren Geschäften (nämlich der Landwirtschaft) zu widmen.

(Bild DF, September 2012)

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Zufahrt und Innenhof


Bald nach dem Umbau des Gutshofs scharte Knudsen, der im übrigen mit der Verwaltung des Gutes sehr erfolgreich war, einen Kreis alter Bekannter und Freunde aus seiner Kopenhagener Zeit um sich, den sogenannten »Bangsbo-Kreis«. Man traf sich in lockerer Folge, diskutierte, vertrieb sich die Zeit mit Karten- und Billardspiel und verbrachte auch seine Ferien auf dem Gut. Herman Bang, der immer wieder auf Bangsbo zu Besuch war (der Name »Bangsbo« hat übrigens nichts mit Bangs Geschlecht zu tun: Bang ist ein gängiger Nachname in Dänemark), beschrieb den Bangsbo-Kreis 1907 in einem Beitrag in der »Illustreret Tidende«, den Sie unter »Spurensuche« in Erstübersetzung lesen können. (Bild DF, September 2012)

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Hauptgebäude mit Brunnen im Innenhof

 

Bangsbo war auf diese Art und Weise in den Jahren von 1891 bis 1909 ein Zentrum dänischer Intellektueller geworden. Ove Rode (Schauspieldichter und Lyriker), Carl Ewald (Schriftsteller und Journalist), Gustav Wied (Schriftsteller) und natürlich Herman Bang bildeten den Kern des Kreises. Er wurde geschlossen durch die Schauspielerin Anna Larsen und Betty Nansen, der Gemahlin Peter Nansens. Auch Bjørn Bjørnson und Sophus Schandorph waren auf Bangsbo zu finden, sowie viele andere bedeutende Persönlichkeiten. Ein – wenn auch historisch gewagter – Vergleich mit dem Bakkehus in Frederiksberg, wo das Ehepaar Kamma und Knud Lyne Rahbek von etwa 1800 bis 1829 den Mittelpunkt dänischen Geisteslebens bildeten, drängt sich auf. (Bild DF, September 2012)

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Park an der Rückseite des Gutes

 

Im Park von Bangsbo wünschte sich Bang, seine letzte Ruhestätte zu finden. Durch den Verkauf des Gutes im Jahre 1909 gelang dies nicht. Auch als die Stadt Frederikshavn im Jahre 1944 das Gut kaufte, traf man keine Anstalten, Bangs letzten Willen zu erfüllen. Mehrere Vorstöße in der Öffentlichkeit, zum letzten Mal 1965 durch Broby-Johansen, scheiterten. Weder die Stadt Frederikshavn, noch der Fremdenverkehrsverein oder eine andere einflußreiche Organisation setzten sich dafür ein. So liegt Bang bis heute in einem »fast« anonymen Grab unter einer Blutbuche auf dem Vestre Kirkegård in Kopenhagen. (Abteilung B, Reihe 9, Nr. 8).

 

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Rückseite des Hauptgebäudes (vom Park aus gesehen)

 

 

Aus dem Testament Herman Bangs:

 

Hørsholm, den 9. juli 1901

 

Ich wünsche, wo ich auch immer sterbe, daß mein Leichnam von niemandem gesehen werde. Keine Zeichnung, keine Photographie, keine Todesmaske dürfen genommen werden. So schnell wie möglich soll mein Sarg nach Bangsbo zu einem Zeitpunkt, den niemand kennt, überführt werden. Bei meiner Beerdigung auf Bangsbo, deren genauer Zeitpunkt unbedingt geheimgehalten werden muß, soll niemand zugegen sein (?). Mein Sarg darf nicht mit Blumen geschmückt werden. Erde soll nicht auf den Sarg geworfen werden. Ich wünsche mir, daß ein Chor aus Frederikshavn singe: »Det er så yndigt at følges ad« (»Es ist so lieblich zu folgen«, d.Ü.). Auf meinem Grab darf nie, so lange meine Freunde dies verhindern können, irgendein Denkmal oder ein Stein errichtet werden. Ich wünschte mir dringend, daß der große Rasen von Bangsbo mein Grab bedeckt.

 

(Aus: Johannes Jørgensen: Bangsbokredsen. Bangsbo 1891–1909. Bangsbo Museum og Arkiv 1998, S.31)

Übersetzung: DF

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